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Nfts - Review und Ausblicke

Was sind NFT ?

Manch einer denkt bei NFTs an teure JPG. Man assoziiert sie eventuell mit Beeple, den Cryptopunks oder Bored Apes. Und es stimmt, dass NFTs (non-fungible Token) gerade durch den Handel von Bildern oder Collectibles (man denke hier an das traditionelle Panini Equivalent) gerade im Jahr 2021 bekannt geworden sind. Doch das Konzept von NFTs ist nicht auf digitale Kunst oder den Handel mit digitalen Assets beschränkt.

In den folgenden Abschnitten sollen einige Punkte beleuchtet werden, die vielleicht nicht für jeden bekannt sind. Denn Web3-Entwicklungen und das Konzept von NFT bietet viele interessante Aspekte, die in der Produktentwicklung und im Bereich Innovation von Belang sein können.

Technische Einführung

Token Standards

NFTs basieren auf einem Token-Standard der jeweiligen Blockchain. Auf der Ethereum Blockchain ist der Standard für non-fungible Tokens z.B. ERC-721, die Tezos Blockchain bietet den FA2 Token-Standard, der u.a. non-fungible Tokens unterstützt. Non-fungible Tokens bestehen grob gesagt aus Metadaten, die mit digitalen Objekten (z.B. einer Bilddatei) verschränkt werden und dann mit einem entsprechenden Smart Contract ‘geminted’ (~ geprägt) oder z.B. gehandelt werden können.

Smart Contracts und Storage

Ein Smart Contract ist Code, der auf der Blockchain deployed ist und ausgeführt werden kann. Er definiert und regelt dann typische Operationen, die von außen über entry-points angesteuert werden können - z.B. für das minting. Marktplätze für den Handel von NFTs (wie opensea oder objkt.com) müssen dabei verschiedene Smart Contracts unterstützen, so dass Operationen für die damit verbunden NFTs ausgelöst werden können. Die Speicherung von Metadaten und digitalen Assets (z.B. eines Bildes) erfolgt dezentral über Infrastrukturen wie dem IPFS (Interplanetary File System). Die mit dem NFT verbundenen Dateien werden meist auch via IPFS (zu erwähnen sind hier auch Services wie Pinata) ge-pinned, wobei die Datei fortwährend als eindeutiges Objekt mit einer eindeutigen ID behandelt wird. Über Metadaten wird die Referenz auf dieses eindeutige, digitale Asset persistiert.

Wichtig ist, dass Metadaten und ein eindeutiges digitales Objekt zusammen ein NFT ausmachen. Ferner regelt ein Smart Contract die Operationen der entsprechenden Token-Implementierung, die etwa für die Erstellung, den Ver-/Kauf, das Versenden oder auch das Vernichten (Burning) eines Assets nötig sind. Die mit einem NFT verbundenen Daten und der Smart Contract sind öffentlich einsehbar und dezentral gespeichert.

Royalties und Editionen

Typisch ist, dass für ein NFT Royalties, Editionsgrößen, der Autor und einige andere Metadaten festgehalten werden. Je nach Implementierung kann es dabei zu Unterschieden kommen, auch wenn diese auf meist Standards basieren. Wie bereits erwähnt, die Transaktionen (z.B. minting, swapping, burning) werden durch den Smart Contract möglich gemacht. Dieser regelt also z.B., wer von wem für welchen Preis ein NFT kauft und stößt alle nötigen Transaktionen (von Tokens) an. Die getätigten Transaktionen (z.B. bei einem Verkauf) sind transparent einsehbar, so dass stets festgestellt werden kann, wann ein Token geminted wurde oder wann es wie und von welchen Adressen (~ von wem) gehandelt wurde.

Indexer

Über Indexer werden Informationen technisch so synchonisiert und bereitgestellt, dass man Anfragen (z.B. über GraphQL) abschicken kann, um z.B. Trends, eine Liste der NFTs in eigenem Besitz oder Transaktionen im Kontext eines konkreten NFTs abfragen könnte. Hierbei ist allerdings zu erwähnen, dass nicht jeder Indexer automatisch jede Art von Information sammeln und bereitstellen kann. Es gibt generische Indexer und solche, die semantische für bestimmte Anwendungsfälle (etwa NFTs) optimiert sind, so dass zielgerichtete Abfragen möglich werden. Im Tezos Ökosystem gibt es Projekte wie dipdup oder TezTok. Mit dipdup kann man sich selektiv optimierte Indexer erstellen. TezTok ist bereits selektiv und verfolgt das Ziel, unterschiedliche NFT Marktplätze und Smart Contracts zu unterstützen und die NFT bezogenen Daten normalisiert bereitzustellen. Zuvor mussten Entwickler die Informationen deutlich aufwändiger anfragen und selbst in ein mehr oder midner normalisiertes Gesamtbild überführen. Solche Entwicklungen sind also wichtige Evolutionsschritte, was die Maturität der aufsetzenden dApps (~ dezentrale Applikation) betrifft.

Urheber und Provenienz

Inhaltlich betrachtet, kann mit dem NFT-Konzept grundsätzlich geregelt werden, über welche Adresse ein digitales Asset geminted wurde und wie es dann gehandelt worden ist.

Das Konzept erlaubt eine formal betrachtet lückenlose Dokumentation der Asset-Genealogie (~ Provenienz) auf Basis einer dezentralen Infrastruktur. Ab dem Zeitpunkt des Mintings. Die Schwäche hierbei ist jedoch, dass ein NFT selbst nicht (!) beweisen kann, ob ein Minter wirklich der Autor eines Bildes (oder Textes etc.) ist. Es sind weitere Mechanismen nötig, um sogenanntes Copyminting bzw. Betrug und Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. NFTs sind schlichtweg nicht dazu in der Lage Autoren als Autoren zu identifizieren. Solche Vorgänge sollten aber auch gar nicht innerhalb des NFT-Konzeptes oder Tokenstandards untergebracht sein, sondern durch separate Prozesse abgebildet werden, die übergeordnet Anwendung finden können.

Ebenfalls regeln NFTs natürlich nicht die Themen wie Copyright, wie sollten sie auch. Sie bieten lediglich die Option lizenzbezogene Informationen und Informationen über den Autor oder den Besitz etc. mit einem Objekt dauerhaft zu verschränken. Für den initialen Echtheitsnachweis oder die Wahrung intellektuellen Eigentums bleiben aber zusätzliche Mechanismen nötig, die mit Auflagen in der echten Welt verbunden sein müssen.

Es existieren aber einige Bemühungen, die sich mit Themen wie der Identätsnachweis (bei Blockchain-Accounts) auseinandersetzen, weil es eben für viele Künstler besonders wichtig ist, die eigene Identität nachweisen zu können. Der eigene Name / Brand ist schließlich das, was mit dem Werk verbunden sein soll. Künstlern geht es meist nicht unbedingt darum, anonym Inhalte zu veröffentlichen, sondern nachzuweisen, dass es sich bei einer Veröffentlichung wirklich um die eigene Arbeit handelt. Aus Gründen wie diesen arbeiten einige Arbeitsgruppen genau an den Fragestellungen, die mit dem Nachweis von Identität zu tun haben, nicht mit Anonymität. Es gibt übgigens auch viele Quasi-Standards, die aktuell praktisch verwendet werden, um Accounts (die beim Minting verwendet werden und nachher am Objekt dokumentiert sind) mit identitätsbezogenen Informationen zu koppeln. Es ist also nicht so, als wäre alle Fragen unlösbar. Hauptproblem ist der Nachweis des intellektuellen Eigentums in Bezug auf das Objekt - und zwar bereits VOR dem Minting. Hat jemand wirklich ein Objekt erstellt oder handelt es sich um intellektuellen Diebstahl? Vor NFTs war diese Fragen aber auch nicht gelöst - ein kulturelles Gut, z.B. ein Ölgemälde, beinhaltete zuvor noch nie selbst notarielle oder rechtliche Abläufe, Normen und Vorgaben sowie die zweifelsfreie Einordnung des intellektuellen Eigentums.

Metadaten existierten in der Vergangenheit oft gar nicht. Institutionen oder objektive Instanzen waren immer nötig, um solche Fragestellungen mehr oder minder verlässlich zu beantworten. Nachdem ein Ölgemälde einmal erstellt wurde und dessen Echtheit und Urheber eindeutig festgehalten wurde, konnte es natürlich dennoch erneut als Fälschung erstellt werden. Das Verbreiten von Fälschungen und die Verarbeitung von geschützten Inhalten ist durch NFTs auch nicht verhindert. Es kann nun aber nahtlos nachgewiesen werden, wann welches Objekt geminted, gelistet und gehandelt wurde. NFTs bieten so im Vergleich zu den analogen oder bisherigen digitalen Ansätzen einige Vorteile, selbst wenn nicht alle erdenklichen Prozesse, die für Rechtsicherheit und den Schutz intellektuellen Eigentums sorgen würden, durch die neue Technologie beantwortet werden kann.

Hervorhebenswert ist die Tatsache, dass die Objekt-Genealogie auf NFT-Basis deutlich detaillierter dokumentiert und objektiv und dezentral prozessiert werden kann. Wie Ölbilder im Verlauf ihrer Historie den Besitzer wechselten, ist nicht immer stichhaltig nachzuweisen, warum die Erforschung dieser Fragestellungen ja auch heute noch notig ist. Die neuen Optionen sollte man also als gute Erweiterungsmöglichkeit im tradierten Kulturbetrieb betrachten (etwa im Kontext der Provenienzforschung) und auch im etablierten Galleriebetrieb als interessante Chance erkennen.

Sind NFTs immer Bilder?

Manch einen wird es vielleicht wundern, aber NFTs haben nicht zwingend mit Bildern / Bilddateien zu tun! Die unterschiedlichsten Dinge könnten mit dem Konzept von NFTs kombiniert werden.

PDFs, Anwendungen (etwa eine React App) oder eine statische Website auf Basis von HTML … all das kann ein digitales ‘Ding’ sein, welches als NFT geminted und mit Metadaten verschränkt wird.

Doch auch z.B. Hotelzimmer, Schmuck, Grundstücke, Patente, Eintrittsrechte uvm. können digital repräsentiert und durch das NFT-Konzept angereichert werden. Smart Contracts können dafür genutzt werden, um eine Kauf- oder Miettransaktion im Kontext eines Objektes aus der echten Welt oder Berechtigungs- und Zertifizierungsprozesse digital abzuwickeln und transparent zu dokumentieren.

Das Thema NFT ist dann immens unterschätzt, wenn es nur auf den Handel mit JPG reduziert wird. Insofern hilft es, sich NFTs nicht als Cryptopunks vorzustellen, sondern den Handel mit Bildern als den ersten Anwendungsfall zu begreifen, der für Aufsehen sorgte.

NFTs sind nicht Bilder. Sondern Bilder sind naheliegende digitale Assets, die durch NFTs handelbar wurden.

Energieverbrauch

Entgegen der vielfach zu lesenden Aussage, dass NFTs Unmengen an Energie verbrauchen, ist hier eine Richtigstellung bzw. eine Differenzierung zwingend notwendig. Denn tatsächlich hängt der Energieverbrauch von der zugrundeliegenden Infrastruktur ab.

Die zugrundeliegenden Blockchain-Technologien weisen nämlich gravierende Unterschiede auf, etwa ob es sich bei dem Chain-spezifischen Konsens-Mechanismus um einen Proof-Of-Work (PoW) oder Proof-Of-Stake (PoS) Ansatz handelt. Der Tezos PoS Ansatz (mehr Informationen hier) führt zu einem vergleichweise geringem Energiebedarf, so dass das ein Contract Call, z.B. das Minten eines Tezos Tokens, nicht annähernd so viel Energie benötigt, wie dies auf klassischen Blockchains mit PoW-Ansatz der Fall wäre.

Dies ist auch (neben der Transaktionskostenseite) einer der Gründe, warum Ethereum eine Umstellung auf PoS vorsieht. Denn in Zeiten des Klimawandels erscheint ein übertrieber Energiehunger nicht gerade als zukunftsweisend. Smart Contract-fähige Blockchains, die im Ansatz nicht energieeffizient sein können, werden sich perspektivisch kaum durchsetzen können.

Neben den grundlegenden Unterschieden von PoS und PoW gibt es übrigens viele konzeptuelle und infrastrukturelle Details, die sich in der Energiebilanz, der Geschwindigkeit von Transaktionen und auch den Kosten niederschlagen, doch es gilt mit dem Pauschalurteil aufzuräumen, dass Blockchain-Technologie immer schlecht sei oder NFTs immer viel Energie verbrauchen. Ein differenzierter Blick ist nötig und leider auch noch sehr viel Aufklärung, so dass gute Konzepte nicht vorschnell und zu Unrecht verurteilt werden.

Persönliche Erfahrungen und Ableitungen

Seit Q1/2021 hab ich mich intensiv mit dem Thema Blockchain und auch NFT auseinandergesetzt, wobei ich mich insbesondere auf die Tezos Blockchain konzentriert habe. Einerseits wegen den bereits beschriebenen Unterschieden im Bereich der Energiebilanz, andererseits weil die Tezos Community und auch der dortige Anteil der NFT Community aus meiner Sicht interessanter ist als z.B. bei Ethereum.

Hier sind ein paar invdividuelle Eindrücke und Interpretationen:

  1. Aus meiner Sicht wird das Web3-Konzept das Web2 ablösen, weil es die bestehenden Technologien um wichtige Konzepte ergänzt. Die meisten Entwickler und Unternehmen haben dies noch nicht ganz begriffen, so dass aktuell noch wenig Expertise auf dem Gebiet existiert. In Teilen beobachte ich sogar eine schlecht argumentierte Ablehnung oder Ignoranz, die ich für den technischen Standort Deutschland für riskant halte.

  2. Blockchain-Technologie bringt neue Möglichkeiten und Herausforderungen mit sich. Ein gutes Beispiel hierfür sind steuerrechtliche Themen. Aber auch andere Aspekte offenbaren sich als Challenge: Wollte man z.B. einen DAO (eine dezentrale autonome Organisation) gründen, dann gibt es dafür einfach keine solide Entsprechung im Bereich der hierzulande existierenden Gesellschaftsformen. Die juristische und rechtliche Infrastruktur hinkt den Möglichkeiten hinterher, was in Folge Barrieren aufbaut, Rechtssicherheit verhindert und Innovation hemmt. Das hat auch Einfluss auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit im Anwendungsbereich gegenwärtiger Technologien und schmälert die positiven Nutzungsoptionen für die Gesellschaft.

  3. Es entstehen aktuell neuartige Netzwerke und kollaborative Communities, die unterschiedliche Motive in den Vordergrund stellen. Die einen führt z.B. (und gerade im Tezos NFT Bereich) die Kunst ins Web3, die anderen nähern sich über die Technologie. Wieder andere versuchen sich als Glückritter und sind wegen De-Fi Trends in das Thema NFT gerutscht und wollen spekulieren. Noch andere sind bemüht neuartige Organisations- und Kooperationsformen aufzubauen, die alte Strukturen und Denkweisen überwinden könnten. Z.B. durch den Abbau von klassischen Gatekeepern oder die Förderung emanzipatorischer Momente, die sich durch die neue Dezentralität und (etwa geographische) Partizipationsmöglichkeit ergeben könnten. Revolutionen im Kleinen sind auch, dass durch Konzepte wie Royalties neue passive Einkommensströme verstanden werden und so ein neues Selbstverständnis von z.B. Künstlern entsteht. Künstler werden technologisch affiner, erwerben neue Fähigkeiten und bauen ihren Handlungsspielraum aus. Diese Aspekte sind wichtige Triebfedern in den ’neuen’ Kollaborativen.

  4. Alles ist am Anfang! Viele Dinge und Anwendungsfälle können bereits abgebildet werden und doch vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein neues Tool (eine dApp etwa) einen Bedarf deckt oder Probleme löst. 1,5 Jahre Web3 fühlten sich an wie 5 Jahre Web2. Alles ist schnell und doch ist alles erst am Anfang. Wenn man den Hypecycle bemühen würde, würde ich sagen, dass zwar ein erster Hype vorbei ist, was z.B. NFTs und Beeple-Schlagzeilen betrifft, aber dass jetzt erst die eigentliche Arbeit begonnen hat. Dabei hat jede Blockchain ihre eigene Zeitleiste und Genealogie. Gelöste Probleme auf Ethereum müssen vielleicht auf Tezos noch gelöst werden. Zudem unterscheiden sich die Blockchains konzeptuell und infrastrukturell, so dass auch häufig spezielle Lösungen auf Basis einer Blockchain nötig oder möglich werden. Tatsächlich erinnert mich die Aktivität im Web3 Bereich an die späten 90er und frühen 00er Jahre, als das Internet Verbreitung fand und nach und nach die Faxgeräte abgeschafft wurden (was hier ja auch noch nicht überall geschah). Hier werden auch Blasen platzen, manche Projekte werden aber nachhaltig Veränderung bringen.

  5. Was mein Zwischenfazit aus dem NFT-Bereich betrifft, würde ich behaupten wollen, dass die neuen Communities und Techniken einen nachhaltigen Einfluss auf das kreative Schaffen, das Kunstschaffen und den Kulturbetrieb haben werden. Gute Konzepte und Ideen werden zwar nicht immer, aber doch oftmals früher oder später breiter adaptiert und lösen manches Mal die schlechteren Konzepte und Ideen ab. Hierbei denke ich nicht an flackernde GIFs oder Affenbilder, sondern z.B. daran, wie Besitzverhältnisse, Lizenzen oder Aspekte der Provenienz praktisch abgebildet werden können. Desweiteren wird ein durch die Praxis erworbenens Selbstverständnis vieler Schaffender eindeutig nachhallen. Fähigkeiten wurden ausgebaut, man hat sich an Royalties gewöhnt und neue Netzwerke zur Kollaboration aufgebaut. So bin ich folglich davon überzeugt, dass die Rolle der Gatekeeper (z.B. der Kulturbetriebsakteure) tendenziell geschwächt ist und die Rolle der Kunstschaffenden oder auch Content-Ersteller tendenziell gestärkt. Warum? Weil die Schaffenden neue Wege gefunden haben, sich anders gegenüber einem Markt zu organisieren und individuell erlebt haben, dass z.B. ein freier Illustrator, der 20 Jahre lang mehr schlecht als recht von seinem Tun leben konnte, sich nun zum kleinen Rockstar innerhalb einer Community entwickeln oder sich mit anderen in Projekten vernetzen konnte. Der Platz im Long-Tail oder die Möglichkeit in der Nische international zu agieren, ist hier zudem neu entdeckt worden, so dass alte Abhängigkeiten teils abgebaut werden konnten. Zudem wurden Barrieren durchbrochen, geographsich, aber auch was die marktseitige Verortung betrifft. Künstler wie Kevin Abosch etwa treten innerhalb der Community neben einem völlig unbekannten Maler aus Brasilien in Aktion und beteiligen sich eventuell gemeinsam an einem Diskurs oder einem Kollaborationsprojekt. Neue Kuratoren- und neue Sammler-Archetypen sind entstanden, ebenso wie Stiftungen, DAOs und Förderprojekte, die dann wieder von Teilbeträgen aus NFT-Erlösen co-finanziert werden. Vieles gleicht also auch einem Coop-Prinzip. Tezos hat auf Basis von NFTs ebenfalls ein immenses Transaktionsvolumen hinzugewonnen und einen echten Use Case meistern müssen, so dass der Kreativbereich der Web3- Community in den Fokus gerückt ist und zum vitalen Parameter erklärt werden musste. So war letztlich Tezos bei einem Event wie der Art Basel in Miami stark vertreten.

Ausblicke

Die spannende Frage ist nun, wie sich ‘das alles’ weiterentwickelt. Weil in 1,5 Jahren so viel Unerwartetes bereits im Bereich NFT (und Web3 allgemein) geschehen ist, wage ich keine genauen Prognosen anzustellen. Dennoch möchte ich ein paar Hypothesen und Gedanken ins Rennen schicken …

Es wurde erwähnt, dass bisher nur an der Oberfläche gekratzt wurde, was die Anwendungsfälle betrifft, für die etwa NFTs gute Möglichkeiten bieten. Neben Kunst und Collectibles wird Gaming sicherlich ein Bereich sein, der weiter durch Hinzunahme von NFT-Konzepten erschlossen wird. Doch neben naheliegenden Themen wird aus meiner Sicht noch mehr folgen. Die Dauerkarte eines Fussballvereins, die Regelung von Nachlassfragen, dezentrale Dokumentenverwaltung, der Handel mit Daten (z.B. im Bereich Markt- und Sozialforschung), die Erweiterung von klassischen SaaS- oder Lizenz-Modellen auf Basis von App-übergreifenden Token oder die Vermietung einer Wohnung, viele Themen scheinen sehr gut abbildbar zu sein. Digitale Assets werden zum Ausweis, zum Schlüssel, zum Zertifikat.

Aus Produkt- und Technologie-Sicht ergeben sich spannende Optionen für die Lösung bekannter oder neuer Herausforderungen unserer Zeit. Man denke hier einfach an Dinge wie Impfzertifikate.

Es soll nun nicht der Eindruck entstehen, dass plötzlich viele Dinge trivial lösbar seien oder alles mit NFTs gelöst werden sollte - nein. Im Gegenteil: Kompetenz, Domänen- oder Prozesswissen und sinnvolle Rahmenbedingungen (etwa regulatorische) sind durch Wissen um neue Konzepte und Technologien zu ergänzen. Es wird also nicht einfacher, Dinge zu lösen. Zudem sind NFTs nicht die Antwort für alle möglichen Problemstellungen, aber die Kombination aus Smart Contracts, digitalen und eindeutigen sowie handelbaren Assets und die Eigenschaften der Blockchain bieten zusammengenommen sehr vieles an. Es ergeben sich neue Lösungswege auf Basis einer real existenten und praktisch erprobten, global ausrollbaren Technologie. Die neutrale Abbildung von Besitzverhältnissen (in Bezug auf digitale Assets oder Objekte aus der analogen Welt), die Transparenz im Hinblick auf Interaktionen, die Dezentralität und die einfache Möglichkeit Bezahlungen abzubilden und Geschäftsabläufe an (zertifizierte) Smart Contracts zu delegieren sind einige Punkte, die am Web2 nun vermisse.

Man kann nun einfacher konzipieren, wie Autos und Ladesäulen untereinander Transaktionen ausführen oder Sachverhalte abgebildet werden, die bisher zu komplex waren, als dass es Kosten-/Nutzenseitig sinnvoll gewesen wäre. Am Beispiel NFT zeigt sich auch, dass ‘am Objekt festgeschrieben’ Royalties ein sehr gutes Instrument dafür sind, wie Individuen passive Einkommensströme aufbauen können, die vorher nur schwerlich und nicht massentauglich zu regeln waren. Hier existiert eine echte Relevanz, die erst durch ein paar Metadaten und ein bisschen dezentral gehosteten und ausgeführten Code zur Quasi-Norm (innerhalb der NFT Community) wurde.

Für mich steht als Produktmensch fest, dass sich die Eigenschaften und Konzepte der non-fungible Token auf andere Anwendungsgebiete übertragen lassen. Ein naheliegender Bereich ist, dass NFTs Bindeglieder zwischen Kunde und Brand oder Produkt werden. Nicht, weil es sich um coole Gifs handelt, sondern weil ein Kunde (ob pseudonymisiert oder nicht) über eindeutige Assets in eine weitreichendere Interaktion gebracht werden kann, die für beide Seiten interessant sein kann. NFTs können dazu eingesetzt werden um längerfristige Kundenbindungsprogramme, Marktforschungsinteraktionen oder Kampagnen zu unterstützen. Ein NFT kann voucher sein, aber auch Produktzertifikat. Ursachen und Wirkungen, z.B. im Kontext von Konversionen, können viel eindeutiger gemessen werden, ohne dass es nötig wäre, persönliche Daten und Nutzungsdaten zu kombinieren. Ich vermute, dass einige der findigen NFT Creator von heute früher oder später beratend in einen großen Unternehmen sitzen werden.

Und sicher werden einige Blockchain-Entwickler von heute die nächsten großen Technologieprojekte von morgen aufbauen. So wie Facebook aus dem Web2 hervorging, werden neue Unternehmungen aus dem Web3 hervorgehen. In Punkto Metaverse benutzt Meta heute die historische Ausgangslage, die im alten Web entstanden ist. Auf Basis der gewohnten Konzern-Reflexe werden vermutlich geschlossene Ansätze über dezentrale Ideen gestülpt. In diesem Falle wird das aber sicher nicht funktionieren, denn das Web3 ist nicht das Web2.

Für ein besseres Web3 werden wir nur gestalten und etablieren können, was unsere Kompetenz, Erfahrung und Phantasie zulässt. Das Richtige zu gestalten ist keine passive Rolle, nichts was aus einer rein reservierten Beobachtungshaltung passiert. Die Möglichkeiten sind bereits jetzt immens, die Kompetenzen hierzulande sind dem meiner Beobachtung nach noch nicht angemessen.

Zeit aufzuholen.

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